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Narbenbehandlung mit Shōnishin

Akupunktur und Shōnishin im Vergleich

~ 11 Minuten

Über ihre Erfahrungen in der Behandlung von Narben mit Akupunktur und mit Shōnishin im Vergleich berichtet Nicole Sänger, Heilpraktikerin (TCM-Therapeutin, Shōnishin-Akupunkteurin).

Erfahrungsbericht zur Narbenbehandlung mit Shōnishin

In meiner Tätigkeit als Heilpraktikerin mit dem Schwerpunkt Traditionelle Chinesische Medizin werde ich in meiner Praxis oft mit dem Thema Narben und deren Behandlung konfrontiert. Aus Sicht der Chinesischen Medizin besteht die Möglichkeit, Narben mit der Technik der Akupunktur, des Schröpfens und/oder mit Arzneimittelauflagen aus chinesischen Kräutern (Pasten oder Salben) zu behandeln. In meiner Praxis hat sich im Laufe der Jahre die Akupunktur als „Mittel der Wahl“ durchgesetzt.

Während meiner Seminare und meiner Zertifizierung in Shōnishin bei Thomas Wernicke erlernte ich die Technik der Narbenbehandlung mit Shōnishin. Ich war von dieser nicht-invasiven Technik, ihrer „Einfachheit“ und Wirkung sofort begeistert. Seitdem behandle ich in meiner Praxis Narben fast ausschließlich mit Shōnishin oder in Kombination mit Akupunktur.

Narbe als Störfeld aus der Sicht der Naturheilkunde

Narben sind unbehandelt fast immer ein Störfeld für den Organismus, das gilt auch für kleine und fast nicht sichtbare Narben. Aus der Sicht von Dr. Ferdinand Huneke, dem Mit-Erfinder der Neuraltherapie, ist eine Narbe ein Störfeld, wenn sie die Funktion von Organen oder Muskeln beeinflusst. Die Schädigung des Gewebes durch eine Narbe geschieht auf zellulärer Ebene, die durch eine gestörte Membranfunktion falsche Reize aussendet. Die Reizweiterleitung geschieht über das sympathische Nervensystem und somit kommt es zu dauerhaften „Falschmeldungen“. Narbengewebe ist kein normales Zellgewebe, es ist Füllgewebe. Es füllt eine Lücke bzw. verbindet zwei Geweberänder. Dementsprechend kann es zu Störungen im Energie- und/oder Nährstofffluss kommen, genauso wie es zu sich fortpflanzenden Störungen des gesamten Muskel- und Fasziensystems kommen kann.

Narbenbehandlung mit Akupunktur              

Die Behandlung einer Narbe mit Akupunktur sieht folgendermaßen aus: 

Die Narbe wird mit den Akupunkturnadeln „angestochen“, d.h. man sticht um die Narbe herum – nie in die Narbe direkt – und kreist die Narbe sozusagen mit den Akupunkturnadeln ein. Die Stichtechnik ist gerade oder schräg mit einem Einstichwinkel zwischen 90 und 45 Grad. Die Einstichtiefe bewegt sich von ½ bis 1 CUN je nach Lage und Zustand der zu behandelnden Narbe. Die Manipulation der Nadel, d.h. das schnelle Hin- und Herdrehen der Nadel erfolgt mit mittlerem bis starkem Nadelreiz, um eine gutes „DE-QI“ (gleichzusetzten mit Stimulation oder Reaktion) zu erreichen. Die Nadeln verbleiben ca. 20 Minuten, wobei man zwischendurch die einzelnen Akupunkturnadeln immer wieder manipulieren, d.h. drehen kann. 

Was passiert bei der Narbenbehandlung mit Akupunktur?

Da die Akupunktur eine invasive Technik ist, erfolgt eine schnelle Reaktion. Schon beim Einstechen der Akupunkturnadel ins Gewebe kommt es nach wenigen Minuten zu einer Hyperämie in der Einstichregion, was vom Patienten oft als Kribbeln oder Wärme wahrgenommen wird. Dies ist die lokale Reaktion, womit man auch das Narbengewebe schon nach wenigen Behandlungen weicher und dehnbarer macht.  Ebenso setzt eine Fernwirkung ein, d.h. abhängig von der Lage einer Narbe kommt es durch nervale Verbindungen auch zu einer Wirkung fernab des Narbengeschehens. 

Ein typisches Beispiel hierfür ist die Narbe durch einen Kaiserschnitt (Sectionarbe). Durch die Behandlung kann es zu  Reaktionen im unteren Rücken oder in den Beinen kommen. Oft berichten Patienten nach der Behandlung von verstärktem Harnverhalt, vermehrtem Stuhlgang, besserer Beweglichkeit im unteren Rücken – um nur einige Beispiele zu nennen.

Vorteile und Nachteile der Narbenbehandlung mit Akupunktur:

Vorteile: Der Therapeut erzielt eine schnelle und gute Reaktion, die der Patient auch wirklich „fühlen“ kann. Ebenso erzielt man eine Nah- und Fernwirkung, der Behandlungserfolg ist durchgehend gut.

Nachteile: Je nach Lage der Narbe kann schlecht oder gar nicht behandeln werden, z.B. die Narbe nach einer Karpaltunnel-OP kann - wenn überhaupt - nur mit dünnen Hautnadeln bearbeitet werden und die Region gibt es aufgrund der Anatomie schlecht her, gut und unfallfrei akupunktiert zu werden. Ähnlich ist auch die Lage der Narbe bei einer Achillessehnen-OP, Narben im Gesicht-, Zahn- oder Kopfbereich sowie bei Hand-, Fuß- und Finger-Verletzungen. Bei Kindern stellt sich die Problematik, dass Nadeln oft generell negativ besetzt sind und Kinder auch sehr ungern mit Akupunkturnadeln 20 Minuten ruhig liegen bleiben. Die Dauernadel stellt in diesen Fällen keine Alternative dar. Diese Einschränkungen minimieren somit das Einsatzgebiet der Narbenentstörung durch Akupunktur.

Narbenbehandlung mit Shōnishin                

Behandelt wird bei der Narbenbehandlung mit Shōnishin mit einem nagelähnlichen Instrument. Zu Beginn wird mit der Streichtechnik für einige Minuten direkt auf und um die Narbe herum behandelt. Danach wird die sog. Vibrations-/Verschiebetechnik direkt auf der Narbe durchgeführt, bis eine Rötung eintritt. Anschließend im Uhrzeigersinn von innen nach außen in einer immer größer werden Kreisbewegungen. Die Wirkung der Narbenbehandlung mit Shōnishin ist die der Akupunktur gleich zu setzen. Auch beim Shōnishin wird eine Hyperämie, eine regionale Wirkung sowie eine Fernwirkung erzielt. 

Eine neue Variation ist die „Pick-Technik“. Diese unterscheidet sich von der oben beschriebenen Technik darin, dass auf der Narbe nicht die Vibrations-/Verschiebetechnik durchgeführt wird, sondern es wird „gepickt“. Das heißt, es wird auf den Kopf des Behandlungsinstruments, dessen Spitze die Narbe berührt, leicht geklopft, während das Instrument auf der Narbe hin und her geführt wird. Mit dieser Technik werden Narben behandelt, die sich in Knochennähe befinden bzw. unter denen sich wenig oder kein weiches Gewebe befindet wie z.B. im Gesichts- bzw. Kopfbereich. 

Bei der Narbenbehandlung mit Shōnishin spielen Feingefühl und Erfahrung eine Rolle, da es schnell durch zu langes oder zu intensives Behandeln zu einer Überstimulation kommen kann. Das gilt insbesondere für die Narbenbehandlung bei Kindern.

Vorteil der Narbenbehandlung mit Shōnishin ist, dass sich alle Narben an Babys, Kindern und Erwachsenen jeglichen Alters behandeln lassen. Nachteile oder Einschränkungen gibt es nicht, da überall behandelt werden kann, auch an sensiblen Körperregionen. So kann z.B. nach einer Zahnextraktion der Bereich des gezogenen Zahnes von außen auf der Wange behandelt werden, um nur ein Beispiel zu nennen. An schwer zugänglichen Positionen oder Körperregionen über harten Strukturen mit fehlendem Binde- oder Muskelgewebe wird in der Regel nur die Narbe selbst behandelt, nicht das umliegende Gewebe. Hier steht die Streich- oder „Pick“-Technik zur Auswahl.

Während der Narbenbehandlung mit Shōnishin ist mir immer wieder aufgefallen, dass die Patienten sehr emotional reagieren, viel mehr als bei der Behandlung von Narben mit der Technik der Akupunktur, was dort eher als ein „technischer“ Vorgang abgehandelt wird.

Ich habe dieses Phänomen mehrfach beobachtet. Deshalb stellte ich mir die Frage, welche Gefäßlaufbahnen (Meridiane) durch eine Narbe gestört werden. Zur Klärung habe ich die Lehre der 5 Wandlungsphasen hinzugezogen und im Gespräch mit dem Patienten versucht zu erörtern, welches Gefühl bei ihnen während der Narbenbehandlung auftritt. Laut den 5 Wandlungsphasen stehen folgende Gefühle mit entsprechenden Meridianen im Zusammenhang:

  • Wut -> Leber- und Gallenblasenmeridian

  • Freude -> Herz- und Dünndarmmeridian sowie Perikard- und Dreifach-Erwärmermeridian

  • Denken -> Milz- und Magenmeridian

  • Trauer  -> Lungen- und Dickdarmmeridian

  • Angst -> Niere- und Blasenmeridian

Meist war eines der genannten Gefühle dominant und die dazugehörigen Meridiane durch den Verlauf der Narbe gestört. 

Als eine kleine Versuchsreihe habe ich meine Behandlungen mit Shōnishin variiert und ergänzt: Nach der oben beschriebenen Narbenbehandlung mit Shōnishin habe ich zusätzlich noch die zugehörigen Projektionszone mit der Streichtechnik aus dem Shōnishin behandelt. Ebenso habe ich die jeweiligen QUELL-Punkte, die YU- (Zustimmungs-Punkte) oder MO-Punkte (Alarm-Punkte) mit der Vibrationstechnik aus dem Shōnishin oder auch mit Haut-Dauernadeln zusätzlich stimuliert. Bei Kleinkindern ist dies ein sehr effektives Vorgehen, bei Babys allerdings besteht die Gefahr einer Überstimulation.

Hierzu einige Beispiele aus der Praxis, die diesen Behandlungsablauf verdeutlichen soll:  

Sectionarbe

  • Narbenbehandlung mit Shōnishin im Areal der Narbe

  • Behandlung der Projektionszonen Niere / Blase und Magen am Rücken mit der Shōnishin Streichtechnik

  • Stimulation der Akupunkturpunkte Ma 36 und Ni 3 – BL21 und BL23 mit der Shōnishin Vibrationstechnik

Narbe nach Karpaltunnel-OP

  • Narbenbehandlung mit Shōnishin im Areal der Narbe

  • Behandlung der Projektionszone Herz am Rücken mit der Streichtechnik

  • Stimulation der Akupunkturpunkte Pe 7 und He 7 – Bl 14 und Bl 15 mit der Vibrationstechnik

Narbe nach Knie-OP (Außenmeniskus)

  • Narbenbehandlung mit Shōnishin im Areal der Narbe

  • Behandlung der Projektionszone Magen am Rücken mit der Streichtechnik

  • Stimulation der Akupunkturpunkte Mi 6 und Ma 36 – Bl 20 und Bl 21 mit der Vibrationstechnik

Bei der Auswahl der Akupunkturpunkte habe ich aus meinen persönlichen Erfahrungen mit der Akupunktur geschöpft und habe stets die Akupunkturpunkte mit der stärksten Wirkung in Anwendung gebracht. Ich habe lediglich die 12 Hauptmeridiane berücksichtigt, nicht aber die Zusatzgefäße sowie die außerordentlichen Gefäße. Wenn aus dem Gespräch mit dem Patienten noch ein vorherrschendes Gefühl auftrat, habe ich zusätzlich die dazu gehörigen Akupunkturpunkte mittels Vibrationstechnik mitbehandelt, sofern dies nicht aufgrund der Lage der Narbe sowieso schon geschehen war. Im Rahmen der Behandlung auf der Gefühlsebene habe ich mich an dieser Stelle auf die Akupunkturpunkte der Speicherorgane (Ni 3 bei Angst, Le 3 bei Wut und Lu 9 bei Trauer) konzentriert. 

Resumé

Das Ergebnis meiner Patientenbehandlungen ist nicht messbar zu machen im Sinne einer Evidenz basierten Studie. Ich kann lediglich meine persönlichen Erfahrungen mitteilen, die wiederum an die behandelten Personen zu knüpfen ist.

Während der gesamten Behandlungsdauer mit Shōnishin stehe ich in engem Kontakt mit dem Patienten, körperlich und auch seelisch. So kann ich während der Behandlung mehr in die Tiefe gehen als bei anderen Behandlungsmethoden. Bei vielen Patienten kam es schon bei der ersten Behandlung zu Tränen, hauptsächlich bei Frauen, die Narben als „Schock“ erleben. Besonders spielt die Psyche z.B. bei Sectio-Narben eine tragende Rolle. Es scheint, als werden die Erlebnisse sozusagen in der Narbe „festgehalten“.

Meine persönlichen Erfahrungen sind, dass ich mit der Shōnishin Narbenbehandlung durch das Herstellen eines inneren Gleichgewichts (Homöostase) mit Hilfe der Streich- Klopf- und Pick-Techniken auf einer körperlichen und noch mehr auf der emotionalen Ebene hervorragende Arbeit leisten kann. Sogleich ist es für mich eine weitere Bestätigung der Wirkung des Shōnishin im Hinblick auf die Theorie der Traditionellen Chinesischen Medizin. Nah- und Fernwirkung von Akupunkturpunkten existieren und wenn eine Störung beispielsweise durch eine Narbe im Körper besteht, kann ich durch die Behandlung des Störfeldes den natürlichen Fluss in den Meridianen wieder herstellen. 

Bei der Narbenbehandlung ist Shōnishin aus meiner Sicht der Akupunktur mit Nadeln weit überlegen. Natürlich stellt die Narbenbehandlung mit Shōnishin nur einen Teilaspekt der Behandlungsmethode Shōnishin dar. Ich sehe jedoch noch ein breites Feld der Anwendung bei klassischen Akupunkteuren und TCM-Therapeuten, die Shōnishin zur Narbenbehandlung als zusätzliche Behandlungsform und als Alternative zu anderen Techniken gut in Anwendung bringen könnten.

In diesem Sinne: Ran an das Shōnishin-Instrument und an die Narben!!!